Lot 87
Otto Gutfreund (1889 - 1927) FRANZÖSISCHER LEGIONÄR

1924-1925
Gebrannter Ton, kolorierter und glasiert
48 cm (h)

Rufpreis
70 000 CZK
   |   2 745 EUR
Erzielter Preis
70 000 CZK
   |   2 745 EUR
preis ohne Aufpreis

Diese kleine Statue eines erschöpften französischen Legionärs, der erschöpft am Lauf seiner Waffe lehnt, ist ein überzeugendes Beispiel für den Zivilismus der Zwischenkriegszeit. Gutfreund begann unmittelbar vor Mitte der 1920er Jahre den Zyklus russischer, französischer und italienischer Legionäre, der eine Auftragsarbeit für die damalige Widerstandsgedenkstätte war. Sie verbildlicht einen Soldaten der Rotte ‚Nazdar‘, der ersten tschechoslowakischen Militäreinheit, die im ersten Weltkrieg auf französischem Gebiet eingesetzt war. Als großer Patriot trat Gutfreund selbst freiwillig in die Fremdenlegion in Paris ein. Er nahm an den blutigen Schlachten an der Somme, an der Lorettoschlacht und an der Schlacht in der Champagne teil. Im Herbst 1915 stellte er sich zusammen mit drei weiteren Mitgliedern der Rotte Nazdar an die Spitze des Widerstands der Tschechen und Slowaken gegen das neue Bérangér-Gesetz und die Auflösung von Rotte Nazdar. Anschließend wurde Gutfreund mehrmals in Frankreich inhaftiert und lebte hier 1920 unter sehr ärmlichen Bedingungen.
Medaillon:
Bedeutender böhmischer Bildhauer, studierte er bei J. Drahoňovský an der Akademie der Bildenden Künste in Prag. Entscheidenden Einfluss auf sein Werk hatte allerdings das Studium bei E. Bourdelle, das die Stilisierung der Gesichter verdeutlichte. Um das Jahr 1910 erhielt seine künstlerische Handschrift deutlich expressionistische Züge und ging bald in Kubismus über. Seine Statue ‚Úzkost‘, zu Deutsch ‚Beklemmung‘ (1911-12) gilt als erste kubistische Statue. Ausschlaggebend für die Entwicklung von Gutfreunds Kubismus war die Abstraktion der Form, die er methodisch durch ihre Analyse vornahm, die Rückschlüsse auf die Erfahrungen der Sinne zuließ. Bei seiner berühmten Cellista-Skulptur wechselte er von einer analytischen zu einer synthetischen Darstellungsform. Während des 1. Weltkriegs machte sich der Konstruktivismus in seinem Stil bemerkbar. Im Zusammenhang mit der Entstehnung der Republik im Jahr 1918 setzte sich in seinem Schaffen der Zivilismus durch, der bei ihm zu einer Reihe monumentaler Werke führte. Hervorstechend bei Gutfreunds Werken ist deren findige Form, die dennoch immer mit dem Dargestellten in Einklang steht. Im Jahr 1921 nahm er an der dritten Ausstellung der Gruppierung Tvrdošíjní in Prag, Brünn und Košice teil. 1924 nahm er an der Ausstellung über die tschechoslowakische modernen Kunst in Paris teil und im Jahr darauf war er auch bei der Internationalen Ausstellung für dekorative Kunst im tschechoslowakischen Pavillon in Paris vertreten. 1926 gewann er die Ausschreibung für eine Professur an der Akademie der Bildenden Künste in Prag und war in der Ausstellung der Société Anonyme in New York vertreten. Er porträtierte sogar den damaligen Präsidenten Tomas Garrigue Masaryk. Gutfreund war ein führender kubistischer Bildhauer und ein Pionier der modernen tschechischen Bildhauerei von Weltrang, der bis heute ungebrochenes Sammlerinteresse genießt.